Luppenau

....Luppenau im Schnee
SAALE-ELSTER-AUEN-KURIER - Januar 2011
Autor: Ilja Bakkal

Liegt der Schnee auch noch so tief, er schiebt sich leicht,
im Kollektiv! Foto: I.B.

Weiße Weihnacht, Ausdruck meteorologischer Glückseligkeit zum Fest! Leise rieselt der Schnee, der Wallendorfer See erstarrt und der umliegende Auenwald glänzt winterlich. Für unsere Altvorderen gehörten, wie wir dem Liedtext entnehmen, diese Veränderungen der Natur selbstverständlich in die unmittelbare Vorweihnachtszeit und stimmten fröhlich. Niemand machte sich Sorgen, ob das wohl aktuell populärste Verkehrsmittel – der Schlitten des Weihnachtsmannes – den Wetterunbilden erliegen könnte.
Wie anders heute: Was rar geworden ist, begehrt man besonders. Manche Zeitgenossen lieben ihn, diesen ersten Schnee. Leise rieseln die zauberhaften Flocken aus grauen Wolken. Aber dann passiert es, dass sie nicht am Ort ihrer ersten Niederkunft verweilen, sondern sich mit Hilfe des Windes erneut in Bewegung setzen, meist horizontal und so scheinbar zielgerichtet den sensibelsten Strukturen unserer Zivilisation zustreben: Landstraßen, Schienen, Garagenauffahrten usw.. Alles kein Problem für das historische Kufenfahrzeug. Aber während wir noch den Missklang des Weckers in den Ohren haben, bedroht uns das Radio mit der Information, dass überraschend Räder durchdrehen, sich querstellen oder auch völlig den Kontakt zur Fahrbahn verlieren, wodurch ungeachtet der Leistungen des Winterdienstes mit Behinderungen zu rechnen ist und die Kinder sollten zu Hause bleiben, wie der Schulbus im Depot, obwohl die Schule natürlich stattfindet. Während die Räumfahrzeuge leisten was sie können, oder auch nicht, hat der hausbesitzende Bürger sein definiertes Areal zu beräumen, ob er kann oder nicht. Die meisten Anwohner des Sandberges haben ihre Pflichten erfüllt. Im Morgengrauen, die ersten Tage scherzend, dann wurden die Scherze deftiger und so um Weihnachten waren es eher Flüche oder Klagen bei den Bessererzogenen.
Am ersten Weihnachtsfeiertag geschah dann das, was den der Anlass für diesen Artikel geben sollte:
Beim Vernähen der gefüllten Ente beobachtete ich durchs Küchenfenster die schneeschiebenden Nachbarn. Die zum Mittag geladenen Gäste riefen an, ihr Fortkommen vom Petrusberg in Halle wäre fraglich, weil dort niemand räumt, eine unglaubliche Aggressivität zwischen den Parkplatzsuchenden entbrennt und laufend querstehende Autos von der Straße geschoben werden müssen. Da fühlte ich, wie schön es doch am Sandberg in Luppenau ist, bugsierte den Vogel in die Röhre und mischte mich unter die Schiebenden.


Mit Schwung ins Neue Jahr, viel Glück!"
Foto: I.B.

Plötzlich entwickelte sich der Gedanke, dass es doch eigentlich sinnlos sei, vor der Haustüre das Pflaster freizulegen, wenn doch die Einfahrt zur Straße kaum passierbar ist. Die Entstehung dieses Gedankens war so allgemein, dass es eines äußerst geringfügigen agitatorischen Aufwandes bedurfte, die Männer schlossen sich zusammen, nahmen die Problemzone in Angriff und erhielten, als sie fertig waren, einen Punsch aus der Thermoskanne. Dann befand jemand, dass man nach der Südostkurve sehen sollte und so schaufelten wir uns ums Karree,  es wurden immer mehr und alle hatten Spaß.
Aber leider kann man diesen Spaß nicht immer haben. Abwesenheit, berufliche Verpflichtungen, Krankheit, Unlust oder Altersschwäche stehen dem entgegen. Es ist genau definiert, wo die Gemeinde zu räumen hat, und wenn darüberhinaus das Fahrzeug des Herren Ackermann gelegentlich auf unseren Straßen beobachtet wurde, so handelt es sich um eine hilfreiche Geste aber keine Verpflichtung. Es steht frei, uns analog zur Antennengemeinschaft, zu einer „Schneegemeinschaft“ zusammenzuschließen und  einen Räumdienst zu verpflichten. Das ist natürlich nur sinnvoll, wenn Straßenzüge geschlossen beitreten.
Darüber denken wir Neuen Jahr nach, für das ich allen Luppenauern Glück, Gesundheit und Freude in allen Jahreszeiten wünsche!

I.B